Der agenda-Verlag hat Ende 2013 ein neues Buch herausgebracht, das – nach “Typisch Niederländisch – die Niederland von A bis Z” – wieder einmal unser nordwestliches Nachbarland behandelt. Und auch Gerd Busse, der Autor von “Typisch Niederländisch”, ist wieder beteiligt, er hat das Buch des niederländischen Autors Jacco Pekelder ins Deutsche übertragen. Und um es gleich zu sagen: “Neue Nachbarschaft” ist ein völlig anderes Werk als “Typisch Niederländisch”. Während letzteres Buch die Niederlande und ihre Bewohner im Allgemeinen behandelt und für eine breite Leserschaft geschrieben wurde, ist ersteres etwas sehr spezielles: Es geht um die Entwicklung der Beziehung zwischen Deutschland und den Niederlanden von 1990 bis heute.

Warum ist ausgerechnet dieser Zeitraum so interessant für eine Betrachtung? Weil die Situation heute verglichen mit 1990 nicht unterschiedlicher sein könnte. Anfang der 1990er Jahre war die Beziehung zwischen den beiden Ländern in einer Krise. In den Niederlanden herrscht ein negatives Bild von “den Deutschen” vor, umgekehrt war es nicht besser. Genau hier setzt die erste Frage, die sich “Neue Nachbarschaft” stellt, an: Wie kam es zu dem schlechten Verhältnis. Pekelder nimmt die Situation von 1990 auseinander und zeigt auf, dass es nicht “die” Antwort gibt, sondern dass viele Steine ein Mosaik bildeten und dass sich die Stimmung gegenseitig aufschaukelte. Eine negative Publikation im einen Land über das andere führte prompt zu einer umgekehrten Reaktion. Das ganze erste Kapitel widmet sich dieser Situationsbeschreibung, und zwar aus der Sicht beider Staaten.

Ab dem zweiten Kapitel untersucht Pekelder dann, was seit den 1990er Jahren gemacht wurde, respektive passiert ist, dass sich das Verhältnis bis zum Jahr 2013 so gebessert hat (das letzte Ereignis, auf das das Buch konkret Bezug nimmt, fand im Mai 2013 statt und zeigt, dass es akutell und am Puls der Zeit ist). Er betrachtet dabei die verschiedenen Dinge separat, um sie Stück für Stück zu einem Ganzen zusammen zu fügen. Wie schon die Ursache der Beziehungskrise, so ist auch ihre Auflösung nicht mit einem Ereignis oder einer Initiative zu erklären, sondern auch hier ergeben viele Steine ein Mosaik. Pekelder betrachtet polititsche Initiativen und Besuche von Staatsmännern, Journalistennetzwerke, Bildungsprogramme, Studierendenaustausch und nicht zuletzt auch Handelsbeziehungen und Tourismus. Immerhin sind die Niederlande heute das dritthäufigste Reiseziel der Deutschen für Kurzurlaube.

Jacco Pekelder ist Professor an der Universität Utrecht und Gastprofessor an der Universität des Saarlandes. Sein Fachgebiet ist Geschichte, entsprechend kann er die Verflechtungen von unterschiedlichen Ereignissen und deren Wirkungen analysieren, auseinander nehmen und ein breites Bild des Umschwungs in den Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden zeichnen. Sein Schreibstil ist der eines Wissenschaftlers, allerdings ohne dabei zu sehr in Fachsprache abzugleiten. Dennoch muss man einschränken, dass “Neue Nachbarschaft” eher für speziell interessierte Leser gedacht ist. Es betrachtet nur den angebenen Zeitraum und das Verhältnis von Deutschland und den Niederlanden. Andere Dinge, wie etwa politische Ereignisse, werden nur betrachtet, wenn sie zu der Situation einen Bezug haben. Und auch generelle Dinge über die beiden Länder und ihre Einwohner werden nur angesprochen (im Gegensatz zu beispielsweise “Typisch Niederländisch”), wenn sie eine Rolle im deutsch-niederländischen Verhältnis innerhalb der letzten 20 Jahre spielen.

“Neue Nachbarschaft  – Deutschland und die Niederlande, Bildformung und Beziehungen seit 1990” ist hochinformativ und zeigt, dass Probleme oder Krisen sich nun mal nur in den seltensten Fällen “auf einen Schlag” lösen lassen. Meistens braucht es viele kleine Schritte, ein Netzwerk an Ideen, Menschen, die unermüdlich daran arbeiten und vor allem eins: Geduld. Gerade in der heutigen Zeit vergessen wir das gerne, weil wir ja möglichst schnell Ergebnisse sehen wollen.

Das Buch wird gefördert durch den “Nederlands Letterenfonds” und die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Es ist im Oktober 2013 erschienen, hat 170 Seiten Umfang und kostet 18,00 Euro.

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